Trauer um eine Ausstellung
Waldfriedhof – Die Schau „Leben aus gestorben“ muss trotz guten Zuspruchs mangels Geldmitteln schließen
Aufstand der Pappnasen
Aktionstheater – Die Clowns des Theaters Transit spielen auf dem Büchnerplatz Revolution
Ein Haufen verrückter Typen wabert auf dem Büchnerplatz auf die Zuschauer zu, ulkige Gestalten und schräge Vögel. Ein großes rotes Tuch umreißt grob die Bühne, das der kuriosen Schar als Aktionsraum dienen soll, aber lange nicht ausreicht. Sie tanzen aus der Reihe, laufen nebenher, stellen sich abseits. Ja, können die nicht mal in Reih und Glied…? Oder wollen die gar nicht? „Revolution“ steht auf dem Banner, das von den roten Pappnasen aufrecht getragen wird. Bei der Premiere haben sich nicht nur Freunde und Bekannte eingefunden, auch Passanten bleiben stehen, so dass am Ende an die dreihundert Neugierige dem Treiben zuschauen. In einer langen Zeremonie wird der Revolution ihr letztes Geleit gegeben. Sargaufbahrung, Kranzlegung, letzte Worte, Festtafel – das ist die Rahmenhandlung.
„Friede den Hütten und Krieg den Palästen!“ rufen die Clowns. Aus den Lautsprechern tönt entsprechende Musik: aufrührerisches von Deutschpunk bis zur Hippie-Hymne. Dazwischen Nachrichtentexte über die aktuelle Lage in Israel, Auszüge über die Theorie feministischer Revolution als Transformation im poststrukturalistischen … oder wie war das doch gleich? Die reine Theorie ist sowieso nicht Sache der Clowns. Aber wenn eine Närrin Büchners Worte in die Runde ruft: „Wer sind denn die, welche die Ordnung gemacht haben?“ dann laufen und raufen sich alle zusammen und sind wütend; wenn sie beklagt: „Jeder Mensch ist ein Abgrund…und am Himmel ziehen Wolken auf!“, dann jammern sie – unisono, aber jeder auf seine Weise.
Unter der Regie von Ann Dargies sind wieder einmal schöne Bilder entstanden. Die Kostüme farblich in grün, rot, schwarz und weiß aufeinander abgestimmt, sind sie dennoch auf jede Person eigens zugeschnitten – klug dabei die Verstärkung des Vorhandenen: Was lang ist wird länger, was rund ist runder, da wird nichts vertuscht. So schafft man hintersinnigen Humor. Beim Beobachten dieser Menge ausgeprägter Individualisten hat man den Eindruck, als habe an den vielen Wochenenden über zwei Jahre Clownsausbildung jeder seinen künstlerischen Standpunkt aus sich heraus gefunden, als fühle er sich in diesem Käfig voller Narren wohl, so wie er ist.
Der große Entwurf der radikalen Veränderung und sein Scheitern wird hier auf ein menschliches Maß heruntergebrochen – was noch lange nicht Kapitulation bedeutet. Denn eins ist allen Narren klar: „Keine Revolution ist auch keine Lösung!“